Nicht nur „Fraktal Cucumber“: Wissenschaftler erklären die fraktale Struktur des Romanesco-Kohls

Vielleicht erinnern Sie sich an das Meme mit der fraktalen Gurke aus dem humorvollen Video über das „Russische Kybernetik-Dorf“. Aber wussten Sie, dass in der Natur tatsächlich eine riesige Anzahl fraktaler Strukturen vorkommt, auch bei Pflanzen?

"Fraktal Cucumber"! Die fraktale Gurke aus dem Russischen Kybernetik-Dorf.
„Fraktal Cucumber!“ — die fraktale Gurke aus dem Russischen Kybernetik-Dorf.
Das besagte Video über das Russische Kybernetik-Dorf

Eine internationale Forschergruppe hat die fraktale Struktur des Romanesco-Kohls untersucht und die Gene identifiziert, die ihrer Bildung zugrunde liegen. Anschließend veränderten die Wissenschaftler die Gene der Modellpflanze Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana) entsprechend dem festgestellten fraktalen Genmuster des Blumenkohls. Infolgedessen bildete die Pflanze ähnliche fraktale Muster aus, einschließlich spiralförmiger konischer Fraktale.

Romanesco-Kohl: Romanesco broccoli (Brassica oleracea). Foto Ivar Leidus.
Romanesco-Kohl: Romanesco broccoli (Brassica oleracea). Foto Ivar Leidus.
Romanesco-Kohl: Romanesco broccoli (Brassica oleracea). Foto Aurelien Guichard.
Romanesco-Kohl: Romanesco broccoli (Brassica oleracea). Foto Aurelien Guichard.
Romanesco-Kohl: Romanesco broccoli (Brassica oleracea)
Romanesco-Kohl: Romanesco broccoli (Brassica oleracea)

„Romanesco-Kohl“ oder „Römischer Blumenkohl“ gehört zur selben Sortengruppe wie der Blumenkohl. Doch im Gegensatz zu seinem Verwandten besteht jede Knospe des „Romanesco“ aus einer Reihe kleinerer Knospen, die eine logarithmische Spirale und ein fraktales Muster bilden. Die Anzahl der Spiralen in einer „Romanesco“-Knospe wird durch Fibonacci-Zahlen beschrieben. Die Division einer beliebigen Zahl aus dieser Sequenz durch die vorhergehende Zahl ergibt den Goldenen Schnitt.

Die Natur des Auftretens eines solchen natürlichen Fraktals wurde zum Gegenstand eingehender Untersuchungen von Botanikern und Mathematikern. Bereits 1898 entdeckte der deutsche Wissenschaftler Wilhelm Hofmeister, dass die Fibonacci-Spirale die effizienteste Art ist, Blätter zu verpacken. Während die Pflanze wächst, bewegt sich jede nachfolgende Knospe oder jedes Blatt radial nach außen mit einer Geschwindigkeit, die proportional zur Wachstumsgeschwindigkeit des Stiels ist. Das zweite Blatt wächst so weit wie möglich vom ersten entfernt, und das dritte wächst im gleichen Abstand vom ersten und zweiten. Die so entstehende gitterartige Struktur der Pflanze wird „Phyllotaxis“ genannt.

Beispiele für Phyllotaxis bei Pflanzen
Beispiele für Phyllotaxis bei Pflanzen
Phyllotaxis bei der Vielblatt-Aloe (Aloe polyphylla) im Botanischen Garten der University of California. Foto Stan Shebs.
Phyllotaxis bei der Vielblatt-Aloe (Aloe polyphylla) im Botanischen Garten der University of California. Foto Stan Shebs.
Beispiel der Phyllotaxis der Vielblatt-Aloe (Aloe polyphylla). Draufsicht. Foto Samuel Wantman.
Beispiel der Phyllotaxis der Vielblatt-Aloe (Aloe polyphylla). Draufsicht. Foto Samuel Wantman.

Eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern untersuchte die genetische Struktur des „Romanesco“ und ermittelte den Mechanismus des Auftretens von Fraktalen.

Das Bildungsgewebe von Pflanzen (Meristem) besteht aus undifferenzierten Zellen, aus denen sich die spiralförmig angeordneten Pflanzenteile entwickeln. Es stellte sich heraus, dass im Falle des „Romanesco“ das Meristem Knospen bildet, die sich zu Blüten entwickeln sollten, stattdessen aber Stängel entstehen. Diese Stängel wachsen ohne Blätter. Stattdessen bilden sie Knospen, aus denen neue Stängel entstehen. Daraus ergibt sich ein Muster von sich wiederholenden Stängeln auf Stängeln. Die konische Form erhält der „Romanesco“ dadurch, dass die ursprünglichen Stängel schneller wachsen als seine Knospen und nachfolgenden Stängel. Die Autoren der Studie vermuteten, dass dieser Mechanismus durch die Domestizierung der Sorte entstanden ist.

Der nächste Schritt der Forscher war die Suche nach den Genen, die für diese Prozesse verantwortlich sind. Insbesondere konzentrierten sich die Wissenschaftler auf die Untersuchung des Meristems. Die Forschungsergebnisse zeigten, dass genau das Meristem für die Bildung der konischen Fraktale beim „Romanesco“ verantwortlich ist. Das Meristem bildet letztendlich keine Blüten, sondern entwickelt Gewebe vorübergehend so, als sollten daraus Knospen entstehen. An einem bestimmten Punkt ändert sich das Programm, und aus den Knospen entwickeln sich Stängel. Eine Mutation in vier Genen (bezeichnet mit den Initialen S, A, L und T), die beim „Romanesco“ vorhanden ist, stimuliert zu einem bestimmten Zeitpunkt das Wachstum des Meristems bzw. des zentralen Stängels, wodurch konische Strukturen entstehen.

Diese Hypothese fand Bestätigung bei Tests an der Modellpflanze Acker-Schmalwand. Die Forscher veränderten die Schlüsselgene der Pflanze entsprechend der im „Romanesco“ vorhandenen Sequenz. Infolgedessen begann die Acker-Schmalwand, konische Formen anzunehmen, die den Fraktalen des Romanesco-Kohls ähneln. Die Autoren bemerkten, dass dazu keine wesentlichen genetischen Veränderungen der Pflanzen notwendig waren.

Blütenstand der gentechnisch veränderten fraktalen Acker-Schmalwand (Arabidopsis thaliana). Mit einer Kombination aus apetala1- und Blumenkohl-Mutationen. Arabidopsis und Blumenkohl gehören zur selben Pflanzenfamilie Brassicaceae.
Foto BlueRidgeKitties. Lizenz CC BY-NC-SA 2.0.

Die Forscher vermuten, dass es noch weitere Mutationen geben könnte, die für die Fraktalität blühender Pflanzen verantwortlich sind. Sie planen, dies in zukünftigen Studien zu klären.

Quellen

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